Mein Triest
© Barbara Essl
Eleganz trifft Meer: Die Piazza Unità d’Italia, der Salon unterm Sternenzelt, ist das pulsierende Herz der Stadt.
Im Porto Vecchio, dem alten Hafen von Triest, der zu einem modernen Kunst- und Vergnügungsviertel umgebaut werden soll, stellt Barbara Essl noch bis Mitte/Ende Juni ihre Werke zum Thema „Lost Places“ aus. Die prunkvolle Stadt im nordöstlichsten Zipfel Italiens ist zu ihrer zweiten Heimat geworden, deren Entwicklung sie seit den späten 80igern mal aus der Nähe, dann aus der Ferne und seit 2009 wieder aus der Nähe verfolgt.
Was fasziniert Sie so an Triest?
Die prachtvolle Hauptstadt von Friaul-Julisch Venetien ist mittlerweile zum Lebensmittelpunkt der gebürtigen Hermagorerin geworden. Deren Entwicklung hat Barbara Essl über viele Jahre mitverfolgt: „Bis vor wenigen Jahrzehnten war Triest die letzte Bastion vor dem eisernen Vorhang, der vergessene Nordosten Italiens. Eine Stadt der Alten, der Monarchieverliebten, eine Grenzstadt mit morbidem Charme, einem enormen, brachliegenden Hafengelände, einer slumähnlichen Altstadt, veralteten Strukturen und Institutionen. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs kam der Wandel und dann der Aufschwung, der sehr stark mit einer Familie zu tun hatte: dem Kaffeeröster-Imperium Illy. Riccardo Illy hat die Stadt komplett reformiert, städteplanerisch und wirtschaftlich. Ein weiterer Grund ist sicher der Generationswechsel. Triest hat zwar immer noch mit Überalterung zu kämpfen, aber gleichzeitig ist viel altes Geld der angesehenen Familien gebunkert. Kaufkraft und Lohnniveau sind jedenfalls höher als im Rest Italiens und das internationale Ansehen der Stadt ist in den letzten zehn Jahren ebenfalls gestiegen. Investoren sind auf sie aufmerksam geworden, viele der leerstehenden alten Palazzi wurden verkauft und werden zu Luxusimmobilien umgebaut. Und schließlich hat Il Sole 24 Ore, das wichtigste nationale Wirtschaftsblatt, Triest 2021 zur lebenswertesten Stadt Italiens gekürt, wo mit der Barcolana auch eine der wichtigsten Segelregatten Europas stattfindet.“
Was muss man gesehen haben?
Neben unzähligen spannenden Plätzen jedenfalls im historischen Zentrum: Arco Riccardo, Cavana (lebendiger Platz im historischen Zentrum) und meine Favoriten, die Via delle Beccherie und Via del Pane mit ihren tollen Antiquitätengeschäften.
Im legendären Antico Caffè Torinese gibt’s nicht nur den besten Kaffee, sondern abends auch Cocktails und Aperitivi.
Triest ist ja die Stadt des Kaffees. Wo schmeckt er am besten?
Mein absoluter Favorit ist das denkmalgeschützte Antico Caffè Torinese im Corso Italia 2. Hier schmeckt der Kaffee so, wie es die Aufschrift auf der Tasse verspricht: „Il caffè è un arte“, Kaffee ist eine Kunst. Außerdem gibt es hier eine schöne Auswahl an Petits Fours und Brioches. Gegen Abend auch hier Cocktails und Aperitivi. Sehr nett ist auch das Ginger in der Via dell’Annunziata 3. Chiara verwöhnt mit Cupcakes und Brownies vom Besten. Neben sehr gutem Kaffee wird hier auch eine große Auswahl englischer Tees angeboten.
Ihre Lieblingsbar Al Ciketo nennt Barbara Essl liebevoll „Schlurfbar“.
Wo trifft man sich auf einen Aperitivo?
Es gibt in der Cavana unzählige Bars, fast täglich kommen neue dazu. Mein Favorit ist das Al Ciketo, von mir liebevoll „Schlurfbar“ genannt. Dort gibt es neben Aperol, Americano und Franciacorta auch Brötchen, Cichetti (belegte Brötchen) – meine Favoriten sind Tartara di Manzo, Pesto al Pomodoro, Bacalà und Porchetta. Erwähnen möchte ich auch das Radici ebenfalls in der Cavana, hier tischt Besitzer Erwin auserlesene Käse und Prosciutti aus der Carnia auf. Pastorit und Frante mit Mohnsamen vom Caseficio Alto But, Salame Carnico und süßer Prosciutto crudo (18 Monate gereift) von Adami Tolmezzo, gekochter Schinken mit Granatapfelkörner von Molinari in Zuglio.
Crudità, frischen rohen Fisch und Meeresfrüchte, genießt man in der Tavernetta Al Molo.
Wohin geht es zum Essen mit Freunden?
Nero di Seppia und Osteria Al Ostello da Giovanni zählen sicher zu den besten Restaurants der Stadt. Mein bevorzugtes Lokale ist das Al Molo, seit über 30 Jahren gibt es das kleine Lokal im entzückenden Hafen von Grignano beim Schloss Miramare. Gastgeber Matteo Martinolli tischt neben Crudità (Scampi, Thunfischtatar) und Fischgerichten auch eine besondere Triestiner Spezialität auf: fein gerührte Polenta mit Tintenfisch- oder Stockfischsugo. Wenn es Fleisch sein soll, kehre ich immer wieder in der Osteria agli Orfanelli, in der Via Pozzo di Crosada, 9, ein. Ein Familienbetrieb, in dem die fesche Mama Marina aufkocht. Spezialitäten sind unter anderem Spanferkel und Lamm.
Wo gibt’s das beste Gelato?
Definitiv in der Gelateria Zampolli in der Via Ghega 10. Im „Laboratorio“ des Eissalons werden nur natürlich Zutaten von höchster und frischester Qualität verarbeitet. Ein unglaublicher cremiger Genuss!
Das alte Eisenbahnerbad - bagno ferroviario.
In welchem Strandbad trifft man Sie?
Im Bagno Ferroviario im Alten Hafen von Triest. Es ist ein Bad der Eisenbahnergewerkschaft, ein Unikum, das es mit dem Ausbau des Alten Hafen leider nicht mehr lange geben wird. In der Strandbar wird auch einfach, aber köstlich aufgekocht. An mehreren Abenden unter der Woche kommen Liebhaber der Standardtänze voll auf ihre Kosten.
Wenn Freunde kommen, welches Hotel empfehlen Sie?
Außerhalb der Stadt immer noch das Riviera & Maximilians, da es auch einen Badestrand hat. In der Stadt das Savoy ( Zimmer mit Meerblick) oder das Urban Design Hotel.
Traumhafter Sonnenuntergang an der Costiera.
Als Fotografin gefragt: Wo knipst man die schönsten Sonnenuntergänge?
Bei mir, in der Costiera, der Küstenstraße: Je nach Jahreszeit fällt die Sonne direkt vor meinem Fenster ins Meer. Wunderschön aber auch von der Strada Napoleonica hoch über Triest, da hat man alles in einem Bild – Meer, Stadt, Karst und das Schloss Miramare