Die Stadt des guten Geschmacks
© Nicole Richter
Der Blick vom Schloßberg lässt innehalten und die berühmte Grazer Dachlandschaft bewundern.
An warmen Tagen verwandelt sich Graz in ein italienisches „Centro Storico“. Angesagt ist das Lendviertel am Westufer der Mur, einst alles andere als „in“. Heute erinnert es an Weltstadt und Urlaubsort, an Wien, Berlin und Triest, es riecht nach Kreuzkümmel und schmeckt nach Tsatsiki, aus einer Ecke kommt dumpfer Bass, aus der anderen Kaffeemaschinen-Zischen aus der Mikrorösterei. Radfahrer wuseln neben Fußgängern durch die Begegnungszonen, Sitzgärten von witzigen Tschecherln buhlen mit jenen von traditionellen, aber gelifteten Lokalen um Gäste. Auf dem Bauernmarkt Lendplatz (von Montag bis Samstag 6–13 Uhr) bietet die Gastronomie – von lässig-italienisch bis urig-steirisch – eine Vielzahl von Genüssen.
Alteingesessene Gaststätten werden mit viel Bedacht renoviert, das tut dem Charme gut.
Die Murinsel verbindet Ost und West. Die Architektur ist spektakulär.
Wein- und Wirtshauskultur
Am Südtiroler Platz Nr. 5 erwartet uns neben dem Kunsthaus die mit 180 Etiketten bestückte Weinbar „Auenbrugger“. Modern-steirisch wird‘s beim knusprigen High-Cuisine-Backhenderl im Mohrenwirt (Mariahilfer Straße 16), wenige Meter weiter. Das „Wirtshaus revisited“ bietet einen Mix aus 1960er-Jahre-Möbeln und Kunst. Mit bunten Bildern im Kopf wandern wir Richtung Altstadt, am Murkai entlang, über die Murinsel auf die andere Seite, wo der ehrwürdige Schloßberg (hier beharrlich mit „ß“ geschrieben) das Treiben der Stadt überblickt.
Kastner & Öhler: Eine Klasse für sich, was Auswahl und freundliche Mitarbeiterinnen betrifft.
Das Lendviertel ist heute urbaner Treffpunkt und Abbild sinnvoller Stadtentwicklung.
Traditionen zum Verlieben
Meine alte Liebe Graz erstrahlt in immer neuem Glanz. Ein „Evergreen“ ist Kastner & Öhler: Das Kaufhaus mit Dachterrasse lockt mit grandiosem Schloßbergblick und dem wohl elegantesten Angebot rund um Mode und Sport. Beeindruckend sind auch die seit Jahrzehnten (oder eigentlich 150 Jahren) gleichbleibend freundlichen und ratliefernden Verkäuferinnen. Zum fixen Programm gehört Frankowitsch (Stempfergasse 2) – Tempel der klassischen Brötchen, deren Qualität und It-Faktor seit 1932 unangetastet sind. Oder das Operncafé (Opernring 22) mit dem zauberhaften Wintergarten. Seit 1861 hat es einige Besitzerwechsel erlebt, geblieben ist jedoch das Salongefühl. Heute mit pastellfarbenen Designermöbeln und einem Angebot von Frühstück über Mittagsgerichte bis hin zu Cocktails.
Die Bauernmärkte in der Stadt sind auch Hüter der Traditionen: Käferbohnen gehören dazu.
Der Markt als Genusszentrum
Hinter der Oper, auf dem Kaiser-Josef-Platz, bieten Bauern ihre frische Ware an: Grazer Krauthäuptel, der zu den Traditionellen Lebensmitteln Österreichs gehört. Appetitliche Würste, Forellen und Lamm. Leuchtende Karottenbüschel, Käferbohnen, das „grüne Gold“ Kernöl, Blumen, duftende Würzkräuter. Bei den fixen Gastro-Ständen trifft man sich zu Kaffee und Wein oder einem Markt-Menü.
Exklusive italienische Produkte gibt es bei „Brigante“ in der Hofgasse.
Aus dem Süden
Und weil wir in der „mediterransten“ Stadt Österreichs sind: Für ein Mitbringsel sammeln wir alle Kräfte und marschieren ins schicke Brigante (Hofgasse 4). Die Symbiose aus Bar und Deli bietet Trüffelchips und eingelegte Pioppini-Pilzchen, Thunfisch-Prosciutto und Gänseprodukte, Spumante und Craftbeer. Exotisches aus der Steiermark gibt es im Genussladen Gut Schlossberg (Am Fuße des Schloßberges 3): An die 1.000 innovative regionale Produkte überraschen. Liebe geht schließlich auch zu Hause noch durch den Magen!
Genusstipp:
Trüffelsuche im Leechwald, 24. Oktober bis 9. November 2023, www.graztourismus.at