Wermut lässt den Gaumen tanzen
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Seinen Namen und sein typisches Aroma verdankt Wermut oder Vermouth dem bitteren Wermutkraut, auf Latein Artemisia Absinthium, aus dem übrigens auch Absinth hergestellt wird. Geschichtlich betrachtet kennt man Wermutwein schon seit der Antike. Als Getränk, dem heilende Wirkung zugeschrieben wird und das sich dank seiner Bitterstoffe vor allem positiv auf die Verdauung auswirkt. So richtig geschmeckt hat er allerdings niemanden, bis ihn ein gewisser Antonio Benedetto Carpano anno 1786 mit karamellisiertem Zucker lieblich verfeinerte. Er nannte sein Getränk „Vermouth“ und die Gäste seiner Turiner Bar waren davon begeistert. Das neue In-Getränk fand bald viele Nachahmer in Italien wie Cinzano, Martini & Rossi, Carpano, Gancia. In Frankreich mixte Joseph Noilly 1813 sein Rezept für den zweitältesten Vermouth der Welt, der heute als einer der besten gilt: Noilly Prat. Auch Österreich mischte fleißig mit und in Wien wurde 1891 die Vermouth-Kellerei Burschik gegründet, die heute unter neuem Besitzer moderne Kreationen auf den Markt bringt.
Wermutkraut muss selbstverständlich Teil einer jeden Botanical-Mischung sein, nur dann darf sich ein Wermut auch so nennen.
Streng geheim
Für die Herstellung von Wermut werden leichte Weißweine mit einer Mixtur aus Kräutern (wie Wermut, Beifuß, Salbei, Thymian), Zitrusfrüchten und Gewürzen (wie Anis, Zimt oder Nelke), die in hochprozentigem Alkohol macerieren, sowie Zucker vermischt. Das Verhältnis ist etwa 75 Wein zu 25 Macerat. Durch das „Aufspriten“ mit Hochprozentigem erhöht sich der Alkoholgehalt auf bis zu 21 % und die Weingärung wird gestoppt. Haben sich alle Aromen gefunden, wird der Wermut gefiltert und lagert danach unterschiedlich lange in Holzfässern oder Stahltanks, damit er sein volles Aroma entwickeln kann. Welche Botanicals und welche Weine verwendet werden und welche Herstellungsmethode angewandt wird, bleibt natürlich das Geheimnis eines jeden Produzenten und macht auch die unterschiedlichen Geschmäcker aus.
Der Grundwein für den trockenen Noilly Prat reift zwölf Monate unter freiem Himmel, was den französischen Vermouth so einzigartig macht.
Von extra trocken bis süß
Es gibt Weißen, Rosè und roten Wermut, wobei Farbe und Sorte hauptsächlich vom Zuckergehalt abhängen. Die Bandbreite reicht von „extra trocken“ mit weniger als 30 Gramm Zucker pro Liter bis zu „süß“ mit rund 130 Gramm. Und die Farbe hängt etwa nicht von Rosè- oder Rotwein ab, sondern wie stark der Zucker karamellisiert wurde.
Martini dry Cocktail
Gerührt, nicht geschüttelt
Wermut wird aufgrund seiner appetitanregenden Wirkung gerne als Aperitif getrunken – gut gekühlt oder auf Eis. Er ist aber auch die Basis für viele bekannte Cocktails wie Negroni, Americano – und Martini. Letzterer ist übrigens nicht nach der Spirituosenfirma benannt, sondern nach dem Barkeeper, der ihn erfunden haben soll. Ein echter Martini Cocktail besteht übrigens aus viel Gin mit ganz wenig Wermut und wird gerührt, nicht geschüttelt, Mister Bond!
Geheime Zutat
In der Küche wird Wermut gerne anstelle von Weißwein verwendet und verleiht vielen Speisen – von Risotto bis Fischsuppe – eine besondere Note. Das hat mehrere Vorteile, denn er enthält schon aromatische Kräuter und Gewürze, ist dank höherem Alkohol länger haltbar und hat einen praktischen Schraubverschluss. Das find ich superpraktisch, denn schließlich gönnt man sich beim Kochen ja auch gerne mal ein Gläschen!