Der schwarze Kaffee-Kult
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Noch bevor es die Technik für Milchschaum gab, war schon Schlagobers auf Kapuziner und Einspänner! Danach kam erst der Cappuccino.
Wir erinnern uns: In den 1970er- und 1980er-Jahren war Kaffee keine besondere Aufregung wert. In jener Zeit hatte der weltberühmte Alukapselhersteller eine bahnbrechende Vision – und so konnte ab Anfang der 2000er-Jahre ausgezeichneter Kaffee auch zu Hause genossen werden. Ohne teure Ausrüstung, ganz einfach aufs Knöpfchen gedrückt, fertig! Gleichzeitig schwappte von der anderen Seite des Ozeans die gastronomische Weiterentwicklung des Kaffees nach Europa über, wodurch besonders in größeren Städten amerikanische Einflüsse hinzukamen. Seither gibt es den „XLarge-Kaffee“ in allerlei bunten, aufgepeppten Varianten – um reichlich Kleingeld. Zusätzlich erhielt das Kultgetränk Kaffee wohl durch die Beliebtheit Italiens als Reiseland auch bei uns wieder einen Turboschub in Richtung Qualität.
Der Qualitätsschub bei der Kaffeezubereitung führt auch zu mehr Bewusstsein für Herkunft und Röstung der Kaffeebohnen.
Großer Schluck Kulturgeschichte
Die Kaffeepflanze stammt ursprünglich von der Kaffa-Hochebene in Äthiopien. Anfangs kaute man die Bohnen und machte aus den Blättern einen Auszug. Erste Kaffeehäuser gab es im 16. Jahrhundert in Damaskus, später in Konstantinopel. Von dort aus gelangte der Kaffee und seine Kultur nach Venedig, von wo aus er sich in ganz Italien verbreitete. Kaffee wurde hoch geschätzt und sogar von Ärzten verschrieben. Erste bedeutende Kaffeehäuser wurden gegründet: 1685 in Wien, 1686 das Le Procope in Paris, 1720 das Florian in Venedig. Kaffeetrinken war eine elitäre und männliche Angelegenheit – es wurden Geschäfte abgeschlossen und erste Tageszeitungen gelesen. Ein Fall fürs gemeine Volk wurde der Kaffee, als sich sein Anbau auf weitere Länder wie Mittel- und Südamerika sowie Indonesien ausweitete und damit billiger wurde.
Neben anderen historischen Kaffeetempeln immer einen Besuch wert: das Triestiner Caffè degli Specchi.
Kaffeehäuser und Kaffeekocher
Triest wurde unter der Habsburgerherrschaft zum wichtigsten Kaffeeimporthafen Mitteleuropas. Eine Vielzahl an Kaffeehäusern entstand, die für uns heute noch beliebte Anlaufstelle bei Ausflügen in den nahen Süden sind – das Caffè degli Specchi, das Antico Caffè San Marco oder das Antico Caffè Torinese in Triests Centro Storico. 1933 wurde in Italien für den Haushalt die „Moka Express“ von Alfonso Bialetti erfunden – und die schlichte Alukanne hat sich bis heute bewährt. Daneben gibt es, abgesehen von teuren High-End-Espressomaschinen, wieder technisch einfache Systeme: French Press oder Filter sind etwa in Specialty-Coffee-Shops total im Trend.
Mit der Erfindung der „Moka“ wurde das Kaffeetrinken „demokratisch“ und nicht mehr aufs Kaffeehaus reduziert.
Qualität zählt
Immer mehr Kaffeetrinker interessieren sich auch für Qualität und Herkunft der Kaffeebohnen: Bioanbau, Fair-Trade-Siegel und nicht zuletzt die Röstung werden unter die Lupe genommen! Wie bei Craftbeer oder Biowein haben wir Lust bekommen, genauer hinzuschauen, zu riechen und zu schmecken. Bei einem guten Espresso können wir bewusst darauf achten: Hat er eine intensive Farbe? Ist er in der Nase blumig, fruchtig oder eher haselnussig? Auf dem Gaumen säuerlich oder doch bitter? Am besten begeben wir uns in die Hände eines kundigen Baristas und lassen uns verwöhnen. Genießen (aber bitte nicht im Gehen) Espresso, Cappuccino, Latte macchiato – oder vielleicht wieder einmal, der Wiener Kaffeekultur folgend, einen Kapuziner, Kleinen Braunen oder Einspänner.
Die „geflügelte“ Espressomaschine ist eine Legende des Herstellers „La San Marco“, ein internationales Unternehmen mit Sitz in Friaul-Julisch Venetien.