Herbsttrendfarbe? Orangewein
© Nicole Richter
Christian Waltls Weingärten in Südlage bieten besten „Karawankenblick“.
Der Weg zum Wein kann in Kärnten steinig sein: Das Terrain der „Artisan Winery“ in Klagenfurt-Nord ist schotterig. Und allgemein hat die uralte und seit den 1970er-Jahren wieder wachgeküsste Kärntner Weinbautradition noch immer kein leichtes Leben. Vorurteile ranken manchmal hartnäckig wie Weinreben. Erst recht, wenn ein Steirer nach Kärnten kommt und sogenannten Natural Wine macht! Einer Philosophie folgend, die dem Wein in allen Entstehungsphasen möglichst viel Freiheit lässt. Christian Waltl ist ein Mann, der ans Gute im Wein glaubt.
Herbstleuchten im Weinglas: Bei Orangewein spricht man auch von der „vierten Weinfarbe“.
Abseits der Pfade
Seine drei Weingärten hinter dem Klagenfurter Flughafen bieten keine ausgetretenen Trampelpfade. Die Zeilenabstände zwischen den 5700 Rebstöcken sind ungewöhnlich groß, was Platz für viel Bewuchs bietet: Borstenhirse, Schafgarbe und sogar Topinambur aus einem früheren Feldleben gedeihen prächtig. Die Rebstöcke hingegen sind in manchen Jahren widerspenstig, erzählt Christian. „Als Biowinzer darf ich Kupfer und Schwefel spritzen, aber das tu ich manchmal gar nicht oder zu wenig.“ Im Hauptberuf ist er Kulturmanager, und um den großen Arbeitseinsatz in seinem kleinen Weingut zu bewältigen, bekommt er Unterstützung: einerseits von der Familie, vor allem von Ehefrau Pamela, andererseits von tierischen Mitarbeitern. Drei Steinschafe und ein Dutzend Sulmtaler Hühner sorgen für gemähte Flächen – aber auch sie wollen liebevoll betreut werden!
Die fleißigen Mitarbeiterinnen im Bioweinbau Waltl brauchen auch Zuwendung.
In den Barriquefässern bleiben die Roten, aber auch der Orangewein für einige Jahre.
PIWI – was?
Auf den knapp zwei Hektar Rebfläche in Südlage baut Christian Waltl PIWI-Weine an. Diese pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, vor allem in Deutschland verbreitet, holen auch in Österreich auf. Ihr Vorteil: Sie eignen sich perfekt für den Bioweinbau. Ihr Nachteil: Die Bezeichnungen sind für Konsumenten ungewohnt und haben Erklärungsbedarf. Etwa die Lieblingsrebsorte des Winzers, der Muscaris. Weitere klingende Namen sind Blütenmuskateller, Donauriesling, Cabernet Blanc, Souvignier Gris in Weiß und in Rot beispielsweise Cabernet Jura und Cabernet Cortis. Christian Waltls Weine, handgelesene Raritäten, sind unfiltriert, körperreich und haben ein vielschichtiges Bukett. Und nachdem sie so naturbelassen sind, kann es schon vorkommen, dass sie „anders“ schmecken als konventionell hergestellte Weine.
In den toskanischen Terracotta-Amphoren darf der Orangewein reifen.
Großes aus der Garage
In der etwas größeren „Winzergarage“ prangen neben putzigen Stahltanks, einer Kühlzelle und ein paar Barriquefässern die Herzstücke: Amphoren. Sie erinnern an eine jahrtausendealte Tradition, derer sich die international bekannten italienisch-slowenischen Karstwinzer Gravnar und Radikon schon lange bedienen. Christian Waltl hat die Terracotta-Amphoren selbst aus der Toskana geholt, darin baut er seinen Orangewein aus.
Gesundes Traubenmaterial beruhigt den Winzer und sorgt für Vorfreude auf die Lese.
Einst wurde der Pionier, mit Fachausbildung in der steirischen Weinbauschule Silberberg, belächelt – schon 2014 gab es bei ihm die ersten Flaschen Orangewein. Ein solcher wird aus Weißweinsorten gekeltert, wobei der Traubensaft anfangs für einige Wochen in Kontakt mit der Maische, also mit Beerenhaut und Kernen, bleibt. Dadurch verändert sich die Farbe von Weiß hin zu – Orange. Nach einem jahrelangen Reifeprozess bekommt der Orangewein auf dem Gaumen Noten von Gewürzen, Nüssen, Erde. Und fordert damit unsere Geschmacksknospen: Aber dafür sind sie auch da, sie lieben es nämlich, Neues kennenzulernen.
Die „Natural Wines“ sind unfiltriert und körperreich, schmecken aber auch anders als herkömmliche Weine.