Mit den Kühen auf Kuschelkurs
Madeleine lebt in Mörtschach auf einem Bauernhof.
Eine Landwirtin, die gerne ihre Gedanken niederschreibt, mit Kühen schmust und zuerst mit dem Dorfleben nicht so ganz klargekommen ist: Madeleine Becker.
Wie viel hat das vermittelte Landwirtschaftsbild, welches du über Instagram weitergibst, mit der Realität zu tun?
Ich bemühe mich sehr, die Dinge nicht übermäßig zu romantisieren oder die Realität gar zu verzerren. Deshalb berichte ich nicht nur von den schönen Sachen. Ich erzähle auch, wie es so ist, wenn du völlig überarbeitet bist, wenn dir alles weh tut, wenn Kühe zum Schlachter kommen, wenn der Haussegen schiefhängt oder wenn Tiere krank werden. Das gehört alles dazu und es ist wichtig, das offen zu kommunizieren. Meine Arbeit sehe ich auch sehr oft als Aufklärungsarbeit an, denn die meisten Menschen außerhalb der Landwirtschaft haben keinen blassen Schimmer, wie es hier eigentlich läuft.
Mörtschach und du: Fühlst du dich als junge, selbstständige Frau mit offenem Herzen hier manchmal fehl am Platz? Was durftest/darfst du von Mörtschach lernen? Was darf Mörtschach von dir lernen?
Nicht unbedingt fehl am Platz, aber doch sehr abgeschieden. Als ich hier hergekommen bin, habe ich im ersten Jahr im Grunde nonstop gearbeitet, hatte nicht wirklich Zeit für irgendetwas anderes. Und dann brach Covid über uns herein und das Dorfleben ist zum Erliegen gekommen. Der Zeitpunkt, um hier irgendwie richtig ‚reinzukommen‘ war wohl einfach kein guter. Jetzt „kennen“ mich viele eher über das Internet als von Angesicht zu Angesicht. Andersherum wäre es mir lieber gewesen. In Mörtschach habe ich gelernt, dass es auf dem Land für so ziemlich jedes Problem eine Lösung gibt – oder zumindest immer irgendjemanden, der jemanden kennt, der das, was du selbst vielleicht gerade nicht kannst oder hast, für dich in Angriff nehmen kann. Hier wäscht noch eine Hand die andere – das ist in der Stadt leider völlig verlorengegangen. Mörtschach (oder generell Kärnten) darf von mir lernen, dass es kein Grund für Antipathien ist, wenn man einen deutschen Pass hat.
Manchmal nennt man dich „Kuhkuschlerin“: Wie stehst du zu dem Begriff?
Den habe ich ja irgendwie auch selbst etabliert Ich kann mich damit durchaus identifizieren, denn ich kraule und streichle die Kühe wirklich so oft es nur geht. Viele vergessen, dass auch die sogenannten „Nutztiere“ genauso empfänglich für Liebe und Zuneigung sind wie der Hund oder die Katze im Haus.
Siehst du dich selbst als Sprachrohr für junge Menschen in der Landwirtschaft?
Nein, nicht wirklich – da hat doch letztlich jeder und jede seine/ihre eigene Geschichte, die es wert ist, gehört zu werden. Außerdem habe ich weder eine Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich gemacht noch bin ich irgendwie damit aufgewachsen. Wenn ich mich selbst als „Bäuerin“ bezeichne, wird das oft belächelt oder auch mal angefeindet. Diesen Standesdünkel verstehe ich bis heute nicht. Vor allem, weil wir doch heutzutage eher Probleme damit haben, die jungen Menschen für die Landwirtschaft zu begeistern und kleine Betriebe zu erhalten.
Dein erstes Buch erscheint bald: Worum geht es? Wann kommt es? Was darfst/willst du schon verraten?
Ja, ich bin wirklich schon ganz aufgeregt! Es erscheint am 27. Jänner und es wird – ganz grob gesagt – um mein Leben hier auf dem Hof gehen. Wie bin ich hier gelandet, wie sieht der Alltag so aus, was sind Highlights und welche Tiefpunkte gab es bisher.