Natisonetäler: Wo die Frauen das Sagen haben

Das zweisprachige Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien ist ein Naturparadies mit kulinarischem, kulturellem und sprachlichem Eigenleben. Die Gedanken der Besucher werden stiller. Die Aktivitäten der Bewohnerinnen innovativer.
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Die „Donne della Benečija“, eine Gruppe tatkräftiger Frauen in den Natisonetälern, leben und verbreiten Wissen und Werte rund um Natur, Kultur und Kulinarik.

Wildes Grün überspannt Hügel und Berge so weit das Auge reicht. Gleich hinter der friulanischen Langobardenstadt Cividale eröffnet sich Richtung Slowenien eine eigene Welt aus vier kleinen Tälern entlang des Flusses Natisone. Dort haben die Frauen das Sagen. Doch sie reden nicht nur gerne, sie tun! Die „Donne della Benečija“ sind ein Verein von zehn bemerkenswerten Frauen, die sich für den Erhalt von Traditionen in Verbindung mit innovativen Ideen einsetzen. Sie widmen sich verschiedenen Handwerken, darunter der Herstellung von Gubana, Polenta, Safran oder Holzmasken. Und der Gastlichkeit.

Von der Langobardenstadt Cividale Richtung Osten beginnt eine eigene kleine Welt – jene der Benečija-Natisonetäler.

Von der Langobardenstadt Cividale Richtung Osten beginnt eine eigene kleine Welt – jene der Benečija-Natisonetäler.

Zuhause für Gäste
Federführend dabei ist Caterina Dugaro. Sie und ihr Ehemann Terry betreiben im Örtchen Dughe einen Agriturismo mit Gastronomie. Damit ist es ihnen gelungen, in einer dünn besiedelten Gegend einen sozialen Ankerpunkt zu setzen. Caterinas Gerichte, bevorzugt mit Wildkräutern, sprechen die Kulinariksprache der Natisonetäler. Und die Rezepte hegt und pflegt sie – um diese vor dem Vergessen zu bewahren. Zahlreiche Wanderwege durchziehen die Gegend, der „Alpe Adria Trail“ lockt auch die Weitwanderer herbei. Es gibt hier das Konzept des sogenannten Albergo Diffuso: ein „verstreutes Hotel“, das verlassene Dörfer wiederbelebt. 29 ehemalige Familienhäuser wurden zu Ferienunterkünften umgestaltet. Marzia Ursic, die Vereinsobfrau, verwaltet diese „Slow Valley“-Häuser mit originalem Charme.

Die Täler sind von zahlreichen Wanderwegen durchzogen und der Alpe Adria Trail führt auf seiner 27. Etappe hierher.

Die Täler sind von zahlreichen Wanderwegen durchzogen und der Alpe Adria Trail führt auf seiner 27. Etappe hierher.

Qualität ist Trumpf
Aus den USA nach Tiglio zurückgekehrt ist Elisa Manig. Die studierte Radiologietechnikerin ist heute Milchbäuerin mit eigener Käserei. 2019 hat sie begonnen, den familieneigenen Bauernhof zu revitalisieren. Zugewachsene Flächen wurden gerodet, Stallungen umgebaut. Elisa kaufte Milchkühe der Rasse Pezzata rossa, also Fleckvieh – aus Österreich. Anfangs waren es drei, inzwischen sind es zweiunddreißig Tiere. Unter viel Einsatz und Hingabe bietet sie im kleinen Verkaufsgeschäft eine große Auswahl: Schnittkäse, Ricotta, Mozzarella, Joghurt und vieles mehr. Mit höchster Qualität und Charme versteht sie es, zu punkten.

Elisa Manig ist aus den USA in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie liebt ihre Tiere und stellt hochwertige Käse- und Milchprodukte her.

Elisa Manig ist aus den USA in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie liebt ihre Tiere und stellt hochwertige Käse- und Milchprodukte her.

Grünes Handwerk
Ein wahres Energiebündel ist auch Bruna Flaibani, die – aus Bologna stammend – ihrem Leben vor sieben Jahren eine Kehrtwende verpasst hat und in Cividale biodynamischen Weinbau betreibt. Das Weingut, einst aufgebaut vom Schwiegervater, ist seit 2012 biozertifziert. Ihren Weinstöcken, die teils zwischen 40 und 90 Jahre alt sind, schenkt Bruna grenzenlose Aufmerksamkeit. Was dabei herauskommt, lässt sich hier nur andeuten: ungewöhnliche, hochqualitative Weine aus Handwerksproduktion. Am besten kosten!

Die Speisekarte der Natisonetäler kennt viele traditionelle Gerichte, deren Rezepte oft Geheimnisse waren. Caterina Dugaro bewahrt sie vor dem Vergessenwerden.

Die Speisekarte der Natisonetäler kennt viele traditionelle Gerichte, deren Rezepte oft Geheimnisse waren. Caterina Dugaro bewahrt sie vor dem Vergessenwerden.

Ebenso beeindruckend die Geschichte von Gabriella Marzaro. In Cravero, eingebettet zwischen Wäldern und einer Siedlung, liegen ihre Felder, wo sie Gemüse anbaut. Folientunnel schützen es vor dem raueren Klima auf 500 Meter Seehöhe. Bei ihr gedeihen etwa Spargel, bunter Mangold, allerlei Radicchiosorten, Tomaten und rotschalige Kartoffeln. Die frischen Produkte verkauft Gabriella donnerstagvormittags auf dem Markt in San Pietro al Natisone, nach der Saison gibt es raffinierte Aufstriche, Marmeladen und Eingelegtes. Sie freut sich ungemein, wenn sie mit leerem Auto wieder heimkommt: „Der Lohn für die Mühe monatelanger Arbeit.“

Gemüse und Früchte, die auf einer kleinen Hochebene gedeihen, werden von Gabriella Marzaro zu feinen Aufstrichen verarbeitet.

Gemüse und Früchte, die auf einer kleinen Hochebene gedeihen, werden von Gabriella Marzaro zu feinen Aufstrichen verarbeitet.

Werte und Liebe
Enge Zusammenarbeit ist bei den Donne della Benečija das Um und Auf: Sie unterstützen sich gegenseitig, verkaufen ihre Produkte gemeinsam und schaffen kulinarische Erlebnisse bei Veranstaltungen und Festen. Damit tragen die kreativen Frauen nicht nur die Liebe zu ihrem Land, sondern auch ihre Werte in die Täler und weit darüber hinaus. Alle Donne della Benečija und ihre Produkte auf ledonnedellabenecija.it.

Winzerin Bruna Flaibani produziert biodynamische Weine – in Maß- und Handarbeit.

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